Gestern war der 10. September und guess what…? Hier in China wird Teachers´Day gefeiert! Das sah für uns so aus, dass gestern, also am Sonntagmittag Herr Li, der Leiter des International Office und eine der Studentinnen für jeden von uns drei deutschen „Lehrern“ einen Teller Früchte ins Apartment brachte: Melone, Trauben, Banane. Eine schöne Sitte, fanden wir alle drei, die es sich lohnt, zuhause in Deutschland auch einzuführen. Meine MBA Studenten in Stuttgart würden gucken, wenn ich ihnen meine Erwartungshaltung für einen solchen Tag erklären würde. Aber warum eigentlich nicht? Ich spendiere ja auch im Dezember Weihnachtsplätzchen oder gebe mal eine Runde Donuts aus … Sollten wir uns nicht viel mehr gegenseitig Respekt und Anerkennung zeigen und dies mit einer kleinen Aufmerksamkeit verbinden?
Der Rest des Sonntags bestand aus einem ausgiebigen Mittagessen als kleines Willkommen für mich und eine weitere neu angereiste deutsche Lehrerin, die hier ein Jahr lang Deutsch unterrichten wird. Als entgegenkommende Geste war das Mittagessen quasi ein westliches: Sonntagsbraten auf Chinesisch. Fleisch, Kartoffeln, Reis, Gemüse und: Pommes Frites und ich schwöre, die waren wirklich lecker! Suppe, grüner Salat und Obstsalat als Dessert, ein richtiges Menü also, nach dem das Programm für den Nachmittag feststand: Siesta!
Die erste Vorlesung ist immer ein mit Spannung erwarteter Moment, das ist in Deutschland nicht anders als in China. In China kommt aber immer noch die Frage dazu: wie wird das Sprachniveau der Studierenden sein, werden sie mich verstehen und der Vorlesung folgen können? Ich kannte bis heute morgen ja bereits zwei Studentinnen aus der Gruppe, Zora und Cici, aber mir war schon klar, dass sie vermutlich zu den Besten gehören, sonst hätte man sie nicht geschickt, um mich abzuholen. Als ich heute morgen um 8:30 den Vorlesungsraum betrete, blicke ich in 49 gespannte Gesichter. Sagen wir 44, denn eine Anwesenheitsquote von 100% ist selten. Heute Abend, 6 Unterrichtseinheiten weiter kann ich sagen: es ist eine gute Gruppe mit vielen motivierten Studierenden. Wie so oft in China sind es vor allem die Studentinnen, die sich aktiv am Unterricht beteiligen. Ich habe – das tue ich immer – ein Chart mit meinen fünf goldenen Regeln zu Beginn vorgestellt, die darauf abzielen, dass ich aktive Beteiligung, Fragen und Antworten, eigenständige Literaturrecherche usw erwarte. Das klappt erfahrungsgemäß mit manchen, mit anderen gar nicht, je nach individueller Motivation, Offenheit und Leistungsniveau. In allen drei Kriterien gibt es einen deutlichen Unterschied zwischen den jungen Männern und den Frauen. Die Frage, die mich ständig beim Unterrichten in China begleitet ist: wie kann ich diese Gruppe der Aktiven, Engagierten vergrößern?
Heute drückte mir Zora in der Pause eine Liste mit den englischen und chinesischen Namen aller Studenten in die Hand: sehr hilfreich, denn nun konnte ich alle mit ihrem englischen Namen einmal aufrufen und mir einige Gesichter und dazugehörige Namen einprägen. Sie heißen übrigens Melody, Gretchen, Impact (ist ein Junge!) oder James. Kite frage ich, warum sie sich diesen Namen gegeben hat und sie sagt, sie wäre gern wie ein Drache, frei und ohne Kontrolle … Schönes Bild, finde ich und hoffe, dass ich bis Ende der Woche mir fast alle Namen eingeprägt habe.