Seit Sonntag bin ich wieder in Wuhan, um an unserer Kooperationsuniversität, der Wuhan Business University, Soft Skills im Bachelor Studiengang zu unterrichten. Nachdem ich mehrere Jahre in Taiyuan und Taian auf Deutsch unterrichtet hatte, bin ich im letzten Jahr zum ersten Mal in Wuhan gewesen, wo auf Englisch unterrichtet wird. Mir hat es an der WBU im letzten Jahr sehr gut gefallen, die Englisch Kenntnisse der Studenten hier sind nicht schlecht und es ist eine sehr interessante Hochschule mit vielfältigen Fakultäten. In meinen früheren Blogbeiträgen könnt ihr das nachlesen. Also bin ich dieses Jahr zum zweiten Mal in Wuhan, als bisher einzige weibliche Dozentin aus Deutschland.
Wenn der Unterricht am 3. September startet, heißt das, die Studenten kommen gerade erst aus den Semesterferien zurück und das ist ein besonderer Moment. Ich hatte das schon einmal in Taiyuan, Shanxi Province, erlebt. Hier ist es aber wieder ein bisschen anders. Am Sonntag war sehr schön zu beobachten, wie die Erstsemester von ihren Eltern gebracht werden: viele Elternpaare mit großen Koffern bringen Hab und Gut ihrer Kinder auf den Campus. Wenn die Koffer soweit ausgepackt sind und die Eltern verabschiedet, machen sich vor allem die Mädchen daran, allerlei Putz- und Hygieneartikel einzukaufen.
Zusätzlich zum Supermarkt und den kleinen Läden auf dem Campus gibt es zahlreiche Stände, an denen Waschschüsseln, Kleiderbügel und Bettwäsche verkauft werden. Bei einem Gang über den Campus mit Herrn Li, dem Leiter des International Office, trafen wir an einem anderen Stand ein paar meiner Studenten aus dem 3. Semester an, die für die Freshmen da sind, um über Aktivitäten im Studium und drumherum zu informieren.
Über eine Sache muss ich noch berichten, die ich so zum ersten Mal beobachtet habe: Erstsemester haben mehr als eine Woche lang militärisches Training! Ich wunderte mich total am Sonntagmorgen, als ich in der Mensa frühstücken war: lauter junge Leute im Drillich! Was ich zunächst für Sport hielt, ist tatsächlich tagelanges Stillstehen, Salutieren, Marschieren in Formation in der Hitze auf dem Sportplatz. Später erzählt mir einer meiner Studenten, dass sie das hassen und dass vor kurzem in Qongching ein Student durch einen Hitzschlag ums Leben gekommen sei. Nun, es sieht tatsächlich ziemlich stupide aus. Ich schaue Abends manchmal zu vom Sportplatzrand aus: stundenlanges Exerzieren. Scheint hier in China zum Studium und zur Bildung der Persönlichkeit zu gehören …
Vielen Dank für Ihren Erfahrungsbericht. Ich überlege an dieser Universität ein Auslandssemester zu machen. Aufgrund eines dualen Studiums müsste ich die Praxisphasen jedoch anpassen. Können Sie mir sagen wie lange EIN Semester dort geht und wann es anfängt?
Liebe Grüße aus Fröndenberg.
Das ist alles sehr, sehr interessant, ich freue mich schon auf deinen nächsten Beitrag! Und ich schließe mich Marions Kommentar an: Die Militärübungen der Studenten sind befremdlich. Hast du so etwas schon vorher erlebt oder davon gehört?
Liebe Mechthild, danke dir. Die Militärübungen habe ich in dieser Dimension zum ersten Mal erlebt. Meiner Information nach ist es an den Hochschulen üblich, die Freshmen, also die Erstsemester zu Beginn des Semesters so zu „drillen“. Ich war wohl noch nie so früh, also zu Beginn des Wintersemesters an der Uni. Mittlerweile geht es mir ziemlich auf die Nerven. Heute Nachmittag wurde lautstark die Nationalhymne gespielt, mehrmals. Das lenkt meine Studenten noch mehr ab als die Videos, die sie auf ihren Smartphones schauen… Liebe Grüße! Brigitte
Das mit den Erstsemestern ist wirklich süß. Ich kann mir gut vorstellen, dass es für die Eltern nicht einfach ist, das meistens einzige Kind gehen zu lassen. Ein wichtiger Moment für beide.
Die Militärübungen finde ich eher beunruhigend, deuten sie doch darauf hin, dass China nicht nur seine wirtschaftliche und politische Macht weiter ausspielen will, sondern auch militärische Stärke nach innen und außen demonstriert.
Ja, das geht mir auch so, Marion. Ich bin froh, wenn diese Militärübungen vorbei sind. Die Studenten scheinen es gelassen zu nehmen und es ist wohl schon länger so Brauch, aber auf uns wirkt es schon erschreckend.
Und über das Eltern-Kind Verhältnis werde ich nochmal schreiben die nächsten Tage. Das finde ich schon sehr faszinierend.