Jedes Jahr, wenn ich in China bin, suche ich gleich am Anfang nach einer Möglichkeit, Yoga zu praktizieren. Das ist die beste Möglichkeit für mich, einen Ausgleich zum anstrengenden Unterricht zu finden. In meinem ersten Jahr in Taiyuan unterrichtete ich morgens und nachmittags jeweils eine Gruppe von 150 Studenten, das war hart. Damals nahmen mich die deutschen Tutorinnen mit zum täglichen Yoga, weiter unten in der Blog Historie könnt ihr darüber lesen. Auch in Taian gab es in der Sporthalle täglich am Abend Yoga. Ich habe immer eine Möglichkeit der Kommunikation gefunden, wenn die Yogalehrerinnen mich fragen, ob ich Chinesisch spreche, sage ich: nur wenig, aber ich praktiziere seit 14 Jahren Yoga und kenne die meisten Übungen.
In Wuhan habe ich letztes Jahr ebenfalls eine Yogaklasse in der Sporthalle der Uni gefunden, allerdings fand diese nur einmal die Woche statt. Dafür lud mich die junge Yogalehrerin, die aus der Mongolei kam, in das Studio ein, in dem sie an anderen Tagen der Woche unterrichtete. Diese junge Dame ist leider nicht mehr hier, sie hat gerade ihren sympathisch aussehenden Boyfriend geheiratet, mit Wedding Photos auf Hainan. Ich ging also bereits am Sonntagabend bei meinem ersten Spaziergang über den Campus zur Sporthalle, um nach dem diesjährigen Yoga zu fragen. Fehlanzeige – das Mädchen am Tresen sagte mir, die Kurse hätten noch nicht angefangen, sie würde sich bei mir melden über Wechat.
Bisher habe ich noch nichts gehört, aber ich habe auf andere Weise Glück: an meinem zweiten Tag spricht mich Abends in der Mensa Zoey an. Sie studiert Animation an der School of Arts und meint, ich sähe so sportlich aus. Ich sage, dass ich Yoga mache und siehe da: sie auch! Sie kann mich mitnehmen in ihr Studio nahe des Campus, das ist super! Es dauert dann noch zwei Tage, bis die neue Yogamatte kommt, die Zoey im Internet bestellt hat und dann können wir los. Ich bin gespannt. Das Studio liegt in der Community nahe der Uni. Die Teilnehmerinnen dort sind überwiegend Studentinnen, aber auch ein paar reifere Damen, trotzdem alle jünger als ich, schätze ich. Die Einrichtung ist gut, es ist sauber, die Wände sind pink gestrichen, die Matten okay. Habe ich schon erwähnt, dass ich eine super schicke Yogamatte ausgeliehen bekommen habe von einer Kollegin aus dem Uniteam?
Kurz und gut: die Stunde ist wunderbar. Die meisten der Asanas kenne ich, insgesamt ist das Niveau anspruchsvoll, die Stellungen werden sehr lange gehalten. Die Lehrerin korrigiert mich sanft einige Male. Mir gefällt ihre Art und ihr Stil sehr gut, das sage ich ihr auch nach dem Kurs. Wir machen noch ein Foto, ich sage, dass ich gleich am nächsten Abend wiederkomme. Und eine Stunde später postet die Lehrerin einen wunderbaren Wechat Post, in dem sie darüber schreibt, wie universell die Sprache des Yoga ist und dass die englisch-chinesische Kombination von körpersprachlicher Kommunikation barrierefrei ist. So zumindest übersetzt es mir Wechat ins Deutsche. Ich kann nur zustimmen – und bin glücklich über den Kurs, das Studio, Zoey, die Lehrerin… Was bin ich für ein Glückspilz!
Auch in Deutschland gibt es eine starke weibliche Überzahl. Aber in meinem Kurs gibt es schon drei Männer. Vielleicht kannst Du bei Deinem nächsten Aufenthalt in China die Jungs ein bisschen ermuntern.
Haha, Marion, hab ich sogar gemacht! Allen, der amerikanische Sprachlehrer im Apartment neben mir, war interessiert, als er erfuhr, dass ich ins Yoga gehe. Ich habe ihm Fotos gezeigt und als er dann die pink gestrichenen Wände sah und die vielen Mädchen, meinte er, als einziger Mann würde er sich vielleicht doch nicht so wohl fühlen …